Tierschutz kontra Jugendfischerei
In letzter Zeit wurden in verschiedenen Zeitungen Artikel zum Thema Jugendfischerei und Tierschutz veröffentlicht. Der schweizerische Tierschutz hat der Jugendfischerei den Kampf angesagt. Die Argumente welche vom Tierschutz vorgebracht werden sind haarsträubend. Die Fischerei mache die Jungen zu potentiellen Gewalttätern, es sei unnatürlich, dass Fische von jugendlichen getötet werden. Dies führe zur Verrohung der Jugendlichen. Diese gross angelegten Kampagnen des Tierschutzes zielen meines Erachtens auf die Abschaffung des Freiangelrechts und der Jugendfischerei ab. Im Kanton Solothurn wurde vor Jahren bereits eine Initiative des Tierschutzes eingereicht, welche das Fischen verbieten wollte. Die Volksabstimmung hat ein zufallsmehr zu Gunsten der Fischerei gebracht. Die Schweiz hat das schärfste Tierschutzgesetz der Welt. Aus diesem Grund sind wir nebst Deutschland die einzigen, welche eine Prüfung zur Ausübung der Fischerei ablegen müssen.
Dem Tierschutz ist nun aber auch das Freiangelrecht ein Dorn im Auge. Im Kanton Zürich gibt es am Greifen-, Pfäffiker- und Zürichsee und an einer kleinen Strecke an der Limmat noch das Freiangelrecht vom Ufer aus. Dass dieses Recht auch von nicht ausgebildeten Fischern genutzt wird versteht sich von selbst. Auch jugendliche nutzen diese Möglichkeit zum Fischen. Durch die Einschränkungen des Naturschutzes, Uferbegehungsverbote, kann z.B. am Greifen- und Pfäffikersee nur noch von Stegen aus gefischt werden. Diese Stege wiederum werden in den Sommermonaten vor allem von Badefreudigen genutzt, sodass das Freiangelrecht wiederum eingeschränkt ist. Am Zürichsee kann in den Hafenanlagen noch das Freiangelrecht genutzt werden. Es ist also so stark Eingeschränkt und hat auf die Fänge eine unbedeutende Auswirkung.
Der Kanton Baselstadt hat aufgrund des Zeitungsartikels den Jungfischertag abgesagt. Diese Einschüchterungsversuche seitens des Tierschutzes dürfen auf keinen Fall Schule machen. Zu meiner Zeit als Bube konnte ich noch am Zürichsee an sehr vielen Stellen fischen und auch Fische fangen. An den heute erlaubten Stellen, sind die Fangmöglichkeiten sehr bescheiden.
Was will die Fischerei den Jugendlichen vermitteln?
In der heutigen Zeit ist der Fang das sekundäre Ziel. Leider sind die Fischbestände durch die Auswirkungen der Zivilisation sehr stark rückläufig. Der heutige Fischer ist mehr Pfleger als Jäger. Klar ist es uns vergönnt ab und zu einen Fisch zu fangen und genüsslich zu Essen.
Was aber zu den Hauptanliegen der Fischer gehört, ist das Verständnis des Lebensraums Wasser. Nur gut ausgebildete Fischer verstehen was im und ums Wasser alles abgeht. Praktisch nur Fischer stellen Veränderungen fest. Es ist ein hohes Gut sich in der Natur zu bewegen und sich mit ihr auseinander zu setzen. Ich staune immer wieder über die Geduld, welche die Jungfischer haben und mit welcher Ausdauer sie dem Ziel, eines Fanges, nachgehen. Der Lebensraum Wasser ist nicht nur für Fische und Insekten wichtig, nein auch für die Menschheit im Allgemeinen. Unser Trinkwasser wird, wenn nicht von Quellen gefasst, aus den Grundwasserströmen der Flüsse entnommen. Saubere und intakte Gewässer sichern also auch unser hochwertiges Trinkwasser.
Wenn, wie der Tierschutz will, Jugendliche erst ab 18 Jahren zur Fischerei zugelassen werden, so wird ein wesentlicher Teil der frühzeitigen Einflussnahme in Bezug auf die Belange der Umwelt ausgeschaltet. Ein Erwachsener geht nicht mit der gleichen Motivation an die Fischerei heran, er will Fische, das Patent kostet ja auch schon genug. Diese Einstellung ist immer wieder zu beobachten, wenn Patentnehmer nach einem Jahr die Karte zurückgeben mit der Begründung, „ich war zweimal am Wasser und habe nichts gefangen“. Bei der Pflege, sprich Gewässerreinigung, kommen die Erwachsenen mehrheitlich auch nur um das Depot abzuarbeiten, es geht also wiederum ums Geld. Ich habe in meiner langen Zeit als Fischer noch nie, Gewalttätigkeit am Wasser, von Fischern erlebt. Der Fischer ist grundsätzlich ein Langweiler, da er stundenlag auf einen Biss warten kann.
Junge, welche frühzeitig den Einstieg in die Fischerei erleben, verhalten sich ganz anders. Es geht auch nicht an, Jugendliche von der Natur auszuschliessen. Wir können ja ein Museum bauen und die Natur darin ausstellen. Ob dies zum besseren Verständnis beiträgt, bleibt abzuwarten.
Die Schweiz ist in letzter Zeit immer mehr dazu übergegangen die Natur zu schützen, was grundsätzlich in einem bestimmen Rahmen zu begrüssen ist. Nur wenn es soweit kommt, dass der Mensch von der Natur ausgeschlossen wird, sind wir zu weit gegangen. Es gibt weiss Gott wichtigere Themen und Baustellen in der Schweiz, als die jugendlichen von der Fischerei auszuschliessen. Deshalb ist es von grösster Wichtigkeit, diesen Anliegen des Tierschutzes entschlossen entgegen zu treten.
Jürg Schneider